Zwischen Langeweile und Belohnungsdusche

Tipps fĂĽr die Zeit der Pubertät – Bericht zur Elternfortbildung am 9. Mai

Und schwupps sind die Eltern wieder in der Pubertät. Referentin Ilona Schwertner-Welker nimmt sie mit zurĂĽck in diese Zeit – auf eine â€žAchterbahnfahrt und spannende Entwicklungsreise“, wie die Diplom-Psychologin die Elternfortbildung am 9. Mai 2022 ĂĽberschreibt.

„Ich war sehr kreativ“, sagt eine Mutter. „Habe dauernd geschlafen“, fügt eine weitere hinzu und ein Vater erinnert sich: „Alles war langweilig und ich war immer dagegen.“ Ilona Schwertner-Welker, die Mutter ist von drei erwachsenen Kindern, ist es wichtig, dass die Eltern mit ihren Schützlingen im Gespräch sind und blieben. „Das ist eigentlich die halbe Miete.“ Die Erwachsenen müssten sich immer auch selbst reflektieren. Das ist deshalb nötig, weil der/die Jugendliche es gerade nicht gut kann. Sein Gehirn ist im Umbau Verbindungen lösen sich, Netzwerke werden ausgedünnt.

Dazu ein paar konkrete Situationen und Tipps:

„Wandern? Ist doch voll langweilig.“

Weil in der Jugendphase der Spiegel an GlĂĽckshormonen im Körper sinkt, ist alles was sonst normal war und am Familienleben SpaĂź gemacht hat, plötzlich öde. Die Gier nach Neuem ist groĂź, der Jugendlichen lechzt nach extremen HochgefĂĽhlen (Belohnungsduschen im Gehirn) – will sich verlieben, vor seinen Freunden gut dastehen oder einen Dreifachsalto von der Klippe ins Wasser machen.  Auch die Eltern können spannende Situationen anbieten, in dem sie zum Beispiel in den Hochseilgarten gehen, statt Spazieren.

„Ich mache meine Fehler selber.“

Die Eltern können Raum dafür schaffen, ohne Häme zu zeigen, wenn es schief läuft. Die Jugendlichen suchen ihre eigene Identität und da gehören Rückschläge dazu. Negative Rückmeldungen (Strafe, eine 6 in Mathe) kommen viel weniger bei ihnen an als positive Verstärkungen, wenn es gut läuft (da ist sie wieder die Belohnungsdusche).

„Ich knalle die Tür, wann ich will.“

Bei WutausbrĂĽchen, meint Ilona Schwertner-Welker, mĂĽssen Eltern nicht mehr viel reden. Sondern vormachen wie Emotionsregulation funktioniert und sich dann wieder ruhig mit dem Jugendlichen auseinandersetzen, wenn er so weit ist.

„Ich will keinen Fahrradhelm tragen – meine schöne Frisur.“

Sicherheitsargumente kommen hier nicht an – wir brauchen nicht an den Verstand zu appellieren. Denn das FrĂĽhwarnsystem, also die Intuition, ist abgeschwächt.  Einem Jugendlichen zu sagen: „Hör auf deinen Bauch“ – ist eine schlechte Idee. Man kann den Teenager mit in die Verantwortung nehmen – etwas mit ihm aushandeln: „Wie machen wir das dann?“

„Du bist mir peinlich.“

Das sollte man einfach annehmen, meint die Referentin und nicht getroffen sein, denn es gehört zum Abnabelungsprozess. „Die Jugendlichen scannen uns auf Fehler ab. Wir sind nicht mehr die Helden wie in ihrer Kindheit.“  Spätestens am Ende der Adoleszenz (etwa mit 24) reguliert sich das Verhältnis in der Regel wieder. Der Freundeskreis ist deshalb so wichtig, weil sich die Teenager von den Eltern lösen und sonst alleine dastĂĽnden.

„Alle anderen dürfen viel länger rausgehen.“

Ilona Schwertner-Welker rät dazu Zeiträume vorzugeben, bis wann der/die Jugendliche Zuhause sein soll, also zum Beispiel zwischen 21 und 22 Uhr. Dann kommt es nicht auf fünf Minuten an.

„Ich will nicht aufstehen.“

Auch hier rät die Referentin fĂĽr Verständnis. „Die Jugendlichen leben ständig im Jetlag“, sagt sie. Die hormonellen Umstellungen lassen sie später einschlafen und sie haben insgesamt ein erhöhtes SchlafbedĂĽrfnis.  

Zusammenfassend betont Ilona Schwertner-Welker: „Entwicklung braucht eine Beziehung, die Sicherheit gibt.“

Vielen herzlichen Dank an Ilona Schwertner-Welker fĂĽr den interessanten Abend (www.praxis-schwertner-welker.de) und ebenso an Claudia Freilinger fĂĽr Ihren Text dazu.

Verwendung Bild mit Genehmigung von Ilona Schwertner-Welker.